und Deutschland – Vergangenheit und Zukunft

Die Renaissance

Zygmunt-Kapelle/Wawel

  … aus humanistischen Ideen geboren und die Rückkehr zu antiken Formen verkündet, gelang vor allem aus Ungarn nach Polen. Vom Königshof in Buda trifft auf dem Wawel ein Italiener ein, genannt Francesco. Baumeister des ersten Renaissancebau-werkes in Polen: der Archivolte über der Gruft des Königs Jan Olbracht (1502-05) und anschließend der Fenster im Westflügel der Burg, womit der große Umbau der Königsresidenz in diesem neuen Stil beginnt, auch mit der Anlage des einzigarten Arkadenhofes (16.Jh.). Etwas später entsteht hier das schönste Bauwerk der polnischen Renaissance: die Zygmunt-Kapel-le/Wawel* (1519-33). Sie wurde zum Vorbild für viele Kapellen, die in Polen im 16. und 17. Jahrhundert entstehen, wie die in Kazimierz Dolny (17.Jh.) oder in Krosno (17.Jh.). In ähnlicher Weise inspiriert der Innenhof des Wawel die Magnatenresidenzen in Baranów, Piaskowa Skała oder in Sucha. In diesem Geist gestalten auch die reichen Bürger ihre Schlösser um, wie in Ogródzieniec, (16.Jh.) heute eine Ruine.

Die sakrale Architektur, in Zeiten der Reformation, beschränkt sich auf Oberflächendekorationen, wie die Gewölbe des Kirchenschiffes in Pułtusk (16.Jh.) oder die Renaissancekirchen in Raum Lublin. Dekorationen im Renaissance-Stil erhalten auch die Synagogen, wie das Alte Gotteshaus in  Krakau/Kazimierz (16.Jh.) sowie die Synagoge in Zamość (17.Jh.).

Krakauer Tuchhallen

Krakauer Tuchhallen

Eine andere Renaissanceströmung gelangt mit den Steinmetzen aus Como nach Schlesien (Śląsk), wie die Burg in Brzeg (16.Jh.) und bringt die venezia-nische Attika als Vorbild ein, die sich in ihre Zeichnung von der sog. polnischen Attika unter-scheidet. Diese Attika, die sich ebenfalls von der italienischen Urform ableitet, erlangt in Polen eine andere Bedeutung. Sie dient als Blende vor dem klimabedingten hohen Dach, und nach dem tragischen Brand in Kraków in der Mitte des 16. Jh. wird sie auch zu einem Element des Bradschutzes, in dem sie die Dachhaut gegen das Übergreifen des Feuers sichert. Schöne Beispiele dafür finden wir auf Rathhäusern in Sandomierz (16.Jh.), Tarnów (16.Jh.)., aber auch auf den Bürgerhäusern in Zamość: armenisches Haus (17.Jh.), in Kazimierz Dolny: Przybył-Haus (17.Jh.) und Celej-Haus (17.Jh.) oder auch in Jarosław: Orstti-Haus (17.Jh). Eine Attika schmückt auch die in den Jahren 1556-60 umgebauten Krakauern Tuchhallen, oftmals aber auch umgebaute und neu errichtete Rathäuser, wie in Poznań  von Giovanni Baptista Quadro (16.Jh.).

Das Rathaus in Zamość (16.-17.Jh.) entsteht, nach dem Vorbild der italienischen Wehrstädte, als zentrales Element des völlig neu errichteten Zamość mit einem ganzen System von Wehrbauten und Bastionen. Eine eindeutig andere Stillquelle prägt die Renaissancearchitektur der Nordgebiete mit Gdańsk als Hauptzentrum, das bedingt durch die Seehandelskontakte Einflüsse aus den Niederlanden empfängt. So entstehen die charakteristisch verzierten Giebel der Bürgerhäuser, die mit den ebenso charakteristischen Vortreppen das Typische der Gdańsker Straße ausmachen. Nur einige von ihnen, wie das Steffens-Haus (17.Jh.), haben den Reglen nach des neues Stils ein verdecktes Dach. Die für die niederländische Renaissance charakteristische Kombination von Backstein und grauem Naturstein kommt in den Werken von van Obbergen zur Anwendung, wie am Altstädtischen Rathaus (16.Jh.), oder am Zeughaus (17.Jh.). Jan Strakowski und sein Sohn Jerzy (Georg) entwickeln diesen Architekturtyp weiter, z.B. Gefängnisturm (17.Jh.), Kleines Zeughaus (17.Jh.) oder Königlicher Speicher (17.Jh.). Das Schaffen Wilhelms van der Blockes und seines Sohnes Abraham weicht dagegen von dieser Richtung ab und wendet sich eher den klassischen Formen der Renaissance zu, z.B. Hohes Tor (16.Jh.) oder Goldenes Tor (17.Jh.). Hier fehlt es an bemerkenswerten Sakralbauten, da ihnen die Reformation entgegensteht.


 

Barbara H. Seemann – Trojnar
Fotos: Privatarchiv
© Versus POLEN

 

 

* Wawel – die ehemalige Residenz der polnischen Könige in Krakau. Zusammen mit der Krakauer Altstadt ist Wawel Weltkulturerbe der UNESCO

* die Krakauer Tuchhallen (Sukiennice) sind eines der bedeutendsten Beispiele der Renaissance-Architektur in Mitteleuropa

 

 

Bibliografie
Die Polnische Agentur Interpress: Ein Blatt über Polen
Janusz Kłębowski: Geschichte der polnischen Kunst
Doc. dr Tadeusz Łepkowski: Kleines Wörterbuch der Geschichte Polens