und Deutschland – Vergangenheit und Zukunft

Breslau – Einwohner und Gäste der Stadt

Stadtpanorama

Stadtpanorama

Während der Jahrhunderte haben sich die Bresaluer Staatszugehörigkeit, seine Rechtslage und die Bräuche ständig geändert. Nur der Wille zum Überleben und die Liebe der jahrhundertelange ansässigen Einwohner und durch das Schicksal hierher geführten Menschen blieben unverändert. Wroclaw ist eine alte Stadt, in der sich wichtige Handelswege kreuzen und multikulturelles Leben so interessant und anziehend für Neuankömmlinge ist. Hier wohnte polnisches, böhmisches und ungarisches Volk. Dank der Entdeckung einiger Grabmäler im Jahre 1848 weiß man, dass auch hier im XIII. Jahrhundert eine zahlreiche und wohlhabende jüdische Gemeinde lebte, aus der viele bedeutende Persönlich-keiten hervorkamen. Zahlreiche Spuren wurden hier von den Deutschen hinter-lassen, denn ihr Einfluss auf die Stadtentwicklung war von Anfang an sehr intensiv.

Marktplatz

Marktplatz

Berühmte Gäste waren zu Besuch in Breslau: Kaiser, Könige, Fürsten, viele polnische Monarchen, auch während der Zeit als Schlesien nicht zu ihrem Reich gehörte; alle waren gleicherweise umsorgt, nicht alle jedoch mit gleichem Enthusiasmus willkommen. Kazimierz Wielki (der Große) traf sich hier mit Karl IV. dem Luxemburger, polnischer König Jagiełło mit dem böhmischen Monarch, Wacław IV.; Kazimierz Jagiellon mit Martin Korwin. Władysław Jagiellon besuchte die Stadt, Zygmunt Stary (der Alte) und Maria, Königin von Polen, Frau des Königs Jan III. Sobieski. Auch Nikolaus Kopernikus besuchte Bresalu, als er unterwegs nach Padua und Bologna war, um dort zu studieren. Giovanni Giacomo Casanova machte hier Halt, als er den Hof des polnischen Königs Stanisław August besuchen wollte. Johann Wolfgang von Goethe hielt die Stadt für laut und schmutzig, als er 1790 hier zu Gast war. Bresalu lag an der Fluchtstrecke derjenigen, die ihre Heimat nach der Niederlage der nationalen Volksaufstände verlassen mussten. Manche waren hier nur kurz zu Besuch. Etwa so wie Stanislaw Staszic, ein großer Patriot, berühmter Philosoph und Naturwissen-schaftler, der unterwegs nach Paris war; Hugo Kołlątaj, ein mutiger polnischer Reformator, der auf die Vereinigung des Schlesienlandes mit dem Polnischen Fürstentum hoffte. Außerdem der polnische Poet, Juliusz Słowacki, verbrachte in Breslau eine Nacht als er unterwegs nach Cieplice war. Józef Wybicki, der Soldat der Polnischen Legionen Dąbrowskis und Verfasser der polnischen Nationalhymne, meldete in Bresalu seine beiden Söhne für die „Provinzial Kunst- und Bauhandwerks Schule“ an. Eine große Bedeutung spielte der Verlag Korn*, der mit Puławy Czartoryskie verbunden war. Der Verlag, obwohl unter deutscher Leitung, hat in Jahren 1732-1945 polnische Bücher herausgegeben und Werke polnischer Autoren gedruckt. Von 1741 bis 1945 wurde durch den Verlag die Tageszeitung „Schlesische Zeitung“ herausgegeben, die bis heute eine wichtige Quelle an Information über Schlesien ist.

Universität, Uniwersytet Wrocław

Universität Wrocław

Für das moderne Erscheinungsbild der Stadt sind hervorragende deutsche Städtebauer und Architekten des XIX. Jahrhunderts verantwortlich, wie: Carl Langhans, Carl Lüdecke und Hans Poelzig. Der berühmteste Repräsentant des deutschen Moder-nismus, Max Berg, der in Breslau arbeitete, projek-tierte ein frühes und gewagtes Kunstwerk des Stahlbetonbaus und führte damit Bresalu zu den Chroniken der Weltarchitektur. Die Rede ist von der Volkshalle (Hala Ludowa), früher Jahrhunderthalle, mit der damals größten freischwebenden Kuppel der Welt. Sie wurde 1913 als Andenken an den hundertsten Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig erbaut. Ein Symbol der Stadt ist die im Jahre 1910 erbaute mächtige Hängebrücke-Kaiserbrücke (Most Grundwaldzki), die eine Spannweite von 126 m hat. Die Technische Hochschule und die Universität (1811) wurden auch durch die Deutschen gegründet. Die Universität entwickelte sich hervorragend, denn man vergrößerte sie immerfort mit neuen Abteilungen: Botanischer Garten, Naturmuseum, Botanisches Museum und die Universitätsbibliothek. Hauptsächlich studierten und lehrten dort die Deutschen.

Millennium Brücke, Most Milenijny

Millennium Brücke

Die wunderschönen Breslauer Brücken, viele bis heute funktionsfähigen kommunalen Einrichtungen, größte Teile der Wasserleitungen, das Gas- und Kraftwerk, die Straßen und Straßenbahnlinien sind auch ein Werk der Deutschen. Zu ihren Werken gehörte leider auch die totale Zerstörung der Stadt im Jahre 1945. Breslau wurde in die so genannten „Oderposition“ des deutschen Abwehrsystems einbezogen. Man folgte dem Befehl bis zum letzten Soldaten zu kämpfen. Dieser wurde mit blindem Fanatismus durch die Kommandanten der „Festung“ und die Kontrolle erfolgte durch den Gauleiter der NSDAP für Niederschlesien, Karl Hanke. Die Leitung der Festung hatte rücksichtslos jeden Widerstand oder nur einen Gedanken den Kampf einzustellen, ausgerottet. Das erste Opfer dieses Terrors war der Stellvertreter des Bürgermeisters, Dr. Wolfgang Spielhagen, der die Übergabe der Festung verlangte, somit die Rettung der Stadt. Mit zunehmender Belagerung der Stadt durch die sow-jetische Armee, hat man eine folgenschwere Entscheidung getroffen: Im Zentralpunkt der Stadt wurde ein Flugplatz geplant bei dessen Bau sind 10.000 Menschen umgekommen. Angeblich erhob sich von diesem Flugplatz nur ein Flugzeug mit dem Gauleiter Hanke an Bord.

Ossolineum Nationalbibliothek

Ossolineum Nationalbibliothek

Während der ersten Aufbauwochen versuchte man die Lebensqualität der Bevölkerung zu verbessern. Der größte Teil der Arbeiten diente der Wiederherstellung der Kommunikation und der kommunalen Einrich-tungen. Auch die Denkmäler wurden nicht vergessen. Trotz Mangel an finanziellen Mitteln und Fachkräften versuchte man sie vor weiterem Zerfall und Plünde-rungen zu schützen. Viel beigetragen für den Aufbau Breslaus haben die Polen aus Lemberg (Lwów), die nach 1945 hier umgesiedelt wurden. Fast gleich nach der Befreiung Breslaus haben sie in dieser vollkommen zerstörten Stadt die Wasserleitungen, Gaswerke und Straßenbahnlinien in Betrieb gesetzt. In die Stadt kam auch der Wissenschaftskader, sowohl der humanistische als auch der technische. Sie kamen aus der berühmten Jan-Kazimierz-Universität (Lemberg). Schon am 15. November 1945 begann das erste Akademische Jahr in der befreiten Stadt. Einige Jahre später wurde aus der ärztlichen Abteilung eine selbständige Medizinische Akademie geschaffen. Heute befinden sich in Breslau 13 öffentliche und 20 private Hochschulen, eine Reihe der selbstän-digen Objekte der Polnischen Akademie der Wissenschaften sowie zahlreiche Institute für Wissenschaft und Forschung. Genauso schnell wie die Wissenschaft, hat sich auch das Kulturleben entwickelt. Einer der größten Ereignisse war die Vorführung der Oper „Halka“ von Stanisław Moniuszko. Im Januar des nächsten Jahres mit der Komödie „Mädchengelübte“ (Śluby panieńskie) von Aleksander Fredro hat das Stadttheater seine Aktivitäten aufgenommen. Aleksander Graf Fredro, ein polnischer Moliere, ist auch aus Lemberg nach Bresalu umgesiedelt. Vom Sockel seines Denkmales am Marktplatz kann er die Jugend, die hier ihre Rendezvous hat, beobachten.

Wegen zwei bedeutenden Ereignissen macht die Stadt ein Stück der Geschichte aus. Beide fanden im Jahre 1948 statt. Das erste Ereignis der beiden war die „Ausstellung der Zurückbekommenen Länder“. Sie machen die fast übermensch-lichen Anstrengungen beim Wiederaufbau der Stadt begreiflich. Anlässlich der Ausstellung erbaute man gemäß dem Projekt von Ing. S. Hempel eine Stahlspitze, die sich vor der Volkshalle befindet – auch sie gehört zu den Symbolen der Stadt. Das andere Ereignis, das auf dem Trümmerfeld Bresalus im August desselben Jahres stattfand, war der Weltkongress der Intellektuellen. Gekommen sind Gäste aus der ganzen Welt: Repräsentanten der Kultur, Wissenschaft und Kunst. Zum Wort meldeten sich Irena Joliot-Curie, Julian Tuwim, Ilja Erynburg, Jaroslaw Iwaszkiewicz und Pablo P. Picasso. Letzterer hat eine Resolution erarbeitet, in der die Kongressteilnehmer den großen Poeten Pablo Neruda ihre Bewunderung zum Ausdruck brachten und Wort- und Wohnfreiheit für ihn verlangten. Der Dekan der Universität in Canterbury, Hewlett Johnson, sagte, dass der Kongress zur Verständigung aller friedlie-benden Menschen beigetragen hätte. Mit dem Kongress konnte man der Welt beweisen, dass solche Verständigungen möglich sind.

In den nächsten Jahren entwickelte sich die Stadt sehr dynamisch: Es wurden neue Siedlungen, Parks und Fabriken geschaffen. Man hat den Botanischen Garten wiederherstellt, es entwickelten sich Kultur und Kunst. Das Leben und die weitere Entwicklung der Stadt waren jedoch nicht sorgen- und störungsfrei: Die Volksaufstände in den fünfziger Jahren, die stalinistische Verfolgung, der Wendepunkt im Jahre 1956, die streikenden Studenten in den Jahren 1968, 1970 und 1976 sowie der Kriegszustand im Jahre 1981 waren große Hindernisse. Die Hauptstadt der Niederschlesier gehörte nie zu den Opportu-nisten oder Unterworfenen. Ihre beispiellose Opposition und Tapferkeit waren Basis für die stürmische und starke Bewegung der Solidarność*.

 

Wießt Du, dass

… der spanische Delegierte, Pablo Picasso, schuf das Signum dieses Kongresses, als er in der improvisierten Gaststätte „Monopol“ eine Taube auf einen Papierbogen malte. Picassos Taube ist heute als Friedenssymbol auf der ganzen Welt bekannt

 

 

Barbara H. Seemann – Trojnar
Übersetzung: Katarzyna Schilling – Sperber
Fotos: KT
© Versus POLEN

 

 

* Solidarność (10 November 1980) – Unabhängige Selbstverwaltete Gewerk-schaft

 

 

Bibliografie
Bogdan Zdrojewski: Breslau – eine wirtschafts- und gesellschaftliche Landschaft
Doc. dr Tadeusz Łepkowski: Kleines Wörterbuch der Geschichte Polens
Bogdan Snoch: Władysław II – der Ahn der schlesischen Fürsten
Marek Karpf, Maciej Wilczek: Wrocław, eine Fotografie der Stadt