Ernest Malinowski (1818-1899)
Der Mensch, der die Stahlschienen über die Anden führte.
Nicht weit von der Plaza de Armas (Gewehrplatz) in Lima befindet sich ein Bahnhof, von dem die Transanden-Bahn abfährt. Es ist die höchstgelegene Bahnlinie auf der Welt. Sie reicht bis zu einer Höhe von 4800 Metern über dem Meeresspiegel, führt über Gebirgspässe, Täler und Berge. Auf der Strecke baute man unzählige Hoch-brücken und tiefe Tunnels, deren Konstrukteur Ingenieur Ernest Malinowski, war; Der Projekt- und Bauleiter der Bahnlinie in den peruanischen Anden, die als Wunder der Technik des 19. Jahrhundert gilt. Eine hochinteressante Persön-lichkeit. Ein Offizier des Ingenieurkorps im November-aufstand, Bahn- und Straßeningenieur, außerdem Professor an der Universität in Lima.
Nach der Niederlage des Novemberaufstands emigrierte er mit seinem Vater und älterem Bruder Rudolf nach Frankreich, wo er an der technischen Hochschule in Paris und an der bekannten Straßen- und Brückenschule studierte. Nach dem Studium und fast 14-jähriger Tätigkeit an Straßenbauten und Flussregulation unterschrieb er einen Arbeitsvertrag als Regierungs-ingenieur in Peru. In diesem Land beschäftigte er sich hauptsächlich mit dem Bau von Bahnlinien. Er war der Planer der Linien Pisco-Ica, Chimbote-Huaraz, Pacasmayo-Cajamaca, Chiclayo-Lambayeque und der bekan-ntesten Bahnlinie vom Hafen Callao durch die Anden in das Grubenzentrum von La Oroya. Der Bau der Bahnlinien war in Peru eine sehr bedeutende Investition, weil sie den Transport der Boden-schätze in das Innere des Landes ermöglichten, was früher als unerreichbar galt. Die Strecke Calla-La Oroya ist die höchste Bahnlinie der Welt. Sie ist 218 Kilometer lang, der größte Teil verläuft auf einer Höhe von über 2000 Metern. An ihrem höchsten Punkt, auf dem Pass Tielio, erreicht sie eine Höhe von 4818 Metern über dem Meeresspiegel. Die gesamte Tunnellänge auf der Strecke beträgt sechs Kilometer, und die höchste Brücke ist 70 Meter hoch. Die ganze Strecke verdient zweifellos die Bezeichnung der schönsten Bahnlinie der Welt und nicht nur aufgrund der Höhe, auf welcher sie verläuft, sondern auch dank der wunderbaren Aussichten und unvergesslichen Eindrücke.
Obwohl Malinowski ein Ausländer war, nahm er an der Hafenbefestigung in Callao und an der Unabhängigkeitsschlacht gegen Spanien in Peru am 2 Mai 1866 teil. Es war sein Treuebeweis für die zweite Heimat. Er wurde der Nationalheld von Peru genannt und mehrmals für seine Verdienste ausge-zeichnet. Noch während seines Lebens errichtete man ihm eine Stelle auf dem Denkmal der Kämpfer von Callao, das bis heute im Zentrum von Lima steht. Während des Krieges mit Chile wurde er zur Emigration nach Ekuador gezwungen, wo er auch beim Bahnbau arbeitete und Artikel für die auslän-dische Presse schrieb, in denen er über das Kriegsdrama seiner zweiten Heimat berichtete. Nach der Rückkehr nach Peru arbeitete er vor allem am Bau der Transanden-Bahn und trotz der finanziellen Krise brachte er sie mit Erfolg zum Abschluss.
An seinem hundertsten Todestag (1999) erstellte man Ernest Malinowski im Auftrag der polnischen Ingenieur- und Technikergesellschaft ein Denkmal. Die Firma ENAFER-PERU stiftete ein Grundstück am Pass TICLIO, auf dem in einer Höhe von 4800 Metern eine sieben Meter hohe antiseismische Denkmalkon-struktion aufgestellt wurde. Der Denkmalschöpfer, der bekannte Bildhauer Prof. Gustav Zemla, knüpfte mit der Grobheit des Stils an die monumentalen Indianerbauten. Das Denkmal wurde mit einem Ring, mit dem in Bronze gegossenen Bildnis von Ernest Malinowski, und einer zweisprachigen Inschrift verziert:
„Ernest Malinowski 1818-1899, der polnische Ingenieur, der peruanische Patriot, der Held der Abwehr in Callao 1866, der Bauleiter der Trans-Anden-Bahn“.
Ernest Malinowski hatte zahlreiche Interessen. Er entwarf ein Zierpflaster in einer der schönsten peruanischen Städte, Arequipie, und nahm an den Modernisierungsarbeiten der Münzstätte in Lima Casa de Moneda teil. Bei der Gelegenheit veröffentlichte er in Lima eine Studie zum Thema Münzen, in der er sich mit der Frage des goldenen Normalmaßstabes, also des Erzgehaltes in der Münze, beschäftigte. Er war Gründer und Mitglied der Geographischen Gesel-lschaft Sociedad Geografica de Lima und der politisch-patriotischen Institution, genannt „Club International“.
BC